Geplante Novellierung des Tierschutzgesetzes: Fortschritt oder Fehlschlag?

Einleitung

Die Bundesregierung hat einen Gesetzentwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes vorgelegt, der weitreichende Auswirkungen auf Züchter, Tierhalter und die breite Öffentlichkeit haben könnte. Während die Intention, den Tierschutz zu stärken, lobenswert ist, wirft der Entwurf auch viele Fragen auf und könnte unbeabsichtigte Konsequenzen nach sich ziehen. In diesem Artikel werfen wir einen detaillierten Blick auf die wichtigsten Änderungen und ihre möglichen Auswirkungen.

Definition der Qualzucht

Der Absatz §11b (1) besagt, dass es verboten ist, Wirbeltiere zu züchten, wenn zu erwarten ist, dass bei den Nachkommen Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch untauglich sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten. Problematisch hieran ist unter anderem die Formulierung „für den artgemäßen Gebrauch“. Dies soll am Beispiel des Haushundes erläutert werden.

Der Haushund gehört zur Art Canis lupus, also Wolf. Der Wolf besitzt den Instinkt, fliehenden Tieren nachzustellen, da diese Tiere seine Beute sind und er hierdurch sein Überleben sichert. Fehlt dieser Instinkt, so ist sein Nervensystem für den artgemäßen Gebrauch ungeeignet. Ein Hund, der diesen Instinkt besitzt, wird versuchen, vorbeifahrenden Autos nachzurennen und je nachdem, wie ausgeprägt dieser Instinkt ist, wird dies bei einem Haushund Leiden verursachen, da er ständig ein angeborenes Verhalten unterdrücken muss. Die Formulierung „artgemäß“ ist in diesem Absatz also fehlplatziert. Es wurde vorgeschlagen, das Wort „artgemäß“ durch „rassegemäß“ zu ersetzen, doch auch dies trifft es nicht.

Entscheidend ist, dass der Hund sich in der Umwelt, in der er gehalten wird, wohlfühlt, dass er alle seine Sinne nutzen kann um seine Umwelt wahrzunehmen und dass er von seinen Besitzern als geeignet angesehen wird, in dieser Umwelt zu leben und die Bedürfnisse seines Besitzers zu erfüllen. Ist letzteres nicht erfüllt, dann wäre die Haustierrasse zum Aussterben verurteilt. Es wäre also sinnvoller, sich auf das Wohlbefinden und die Funktionalität des Tieres in seiner spezifischen Umgebung zu konzentrieren. Ein überarbeiteter Absatz könnte lauten:

„Wer Wirbeltiere züchtet, muss sich einem Zuchtprogramm anschließen oder selber eines entwickeln. Ein Zuchtprogramm ist unzulässig, wenn nach einigen Generationen zu erwarten ist, dass

  1. die Tiere sich nicht (den Großteil des Tages) in den Umwelten wohlfühlen, in denen sie leben werden,
  2. die Tiere durch die Umgestaltung ihrer Sinne oder körperlichen Merkmale in der Wahrnehmung oder Interaktion mit ihrer Umwelt erheblich eingeschränkt sind, oder
  3. die Anzahl der Personen, die die Tiere halten werden zu gering ist um den langfristigen Fortbestand der Population zu sichern.

Chancen für betroffene Rassen

Zuchtkonzepte zur Verbesserung

Ein positiver Aspekt des Gesetzentwurfs ist die Einführung des §11b (1c). Dieser Paragraph ermöglicht es Züchtern, Zuchtkonzepte zur Beseitigung von Qualzuchtmerkmalen zu entwickeln. Dies ist ein wichtiger Schritt, da er den Erhalt und die Verbesserung betroffener Rassen ermöglicht, anstatt sie komplett auszurotten.

Diese Regelung könnte besonders für Rassen wie Mops oder Französische Bulldogge von Bedeutung sein, deren Bestände in Deutschland bereits stark eingebrochen sind. Sie bietet die Chance, durch gezielte Zuchtprogramme:

  • Die Gesundheit dieser Rassen zu verbessern
  • Gleichzeitig ihre charakteristischen Merkmale zu erhalten.

Allerdings gibt es auch Herausforderungen:

  • Zeitfaktor: Die Populationen mancher Rassen sind bereits so stark zurückgegangen, dass die Einführung des §11b (1c) zu spät kommen könnte.
  • Genetische Vielfalt: Bei kleinen Populationen besteht die Gefahr eines genetischen Flaschenhalses, der die Gesundheit der Rasse langfristig gefährden könnte.

Es wäre sinnvoll, diese Regelung mit Unterstützungsmaßnahmen für bedrohte Rassen zu ergänzen, um die Erholung ihrer Populationsgrößen zu fördern.

Präzisierung der Qualzuchtmerkmale

Der Gesetzentwurf sieht eine Erweiterung des sogenannten Qualzuchtparagraphen (§11b) vor. Der Absatz §11b (1a) gibt eine Liste spezifischer Symptome an, die künftig als Indikator für Qualzucht dienen sollen. Zu diesen Symptomen gehören unter anderem:

  • Atemnot
  • Bewegungsanomalien
  • Lahmheiten
  • Anomalien des Skelettsystems
  • Haar-, Feder- oder Schuppenlosigkeit
  • Blindheit
  • Taubheit

Während eine Präzisierung grundsätzlich zu begrüßen ist, ergeben sich bei näherer Betrachtung einige Probleme:

Fokussierung auf seltene Merkmale

Der Fokus der Liste liegt auf selten vorkommenden Merkmalen. Beispiele für seltene Merkmale sind:

1. Anomalien: Die Liste führt Anomalien auf, wie Bewegungsanomalien oder Anomalien des Skelettsystems. Anomalien haben per Definition die Eigenschaft, nur selten vorzuliegen. Bei einem Merkmal, das nur selten vorliegt, ist zu diskutieren, ob ihm in einem Zuchtprogramm eine hohe Priorität eingeräumt werden sollte, oder ob zunächst häufig vorkommende Probleme züchterisch bearbeitet werden sollten. Zudem ist das Vorliegen einer Anomalie nicht rasseunabhängig zu beurteilen: Bei einem Schäferhund würde ein langer Fang als normal gelten, während er bei einem Mops als Anomalie betrachtet würde. Bei einem Schäferhund ist ein raumgreifendes, flach über dem Boden gehendes Gangwerk normal, während es beim Chow Chow eine Anomalie wäre. Der VDH vermutet, dass mit dem Begriff „Anomalie“ jede Abweichung vom „Urtyp Wolf“ gemeint sein könnte, wodurch die meisten gesunden Hunderassen als Qualzuchten gelten könnten. Diese Unklarheiten könnten zu Rechtsunsicherheit und inkonsistenter Anwendung des Gesetzes führen.

2. Blindheit und Taubheit: Keine Rasse wird explizit darauf gezüchtet, blind oder taub zu sein, oder ist in der Mehrheit der Fälle blind oder taub. Es gibt jedoch Gene, die die Wahrscheinlichkeit erhöhen mit der ein Tier taub ist. Hierzu gehören einige der Gene, die beim Hund eine weiße Fellfarbe hervorrufen. Die schädliche Wirkung dieser Gene kann jedoch oft durch andere Gene mit gegenteiliger Wirkung kompensiert werden. Es muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob die Erblichkeit des Merkmals ‚Taubheit‘ ausreicht, um die Häufigkeit des Defektes mit züchterischen Maßnahmen unter einen akzeptablen Schwellenwert zu senken. Ist dies nicht der Fall, dann können eventuell von anderen Rassen Gene für weiße Fellfarbe eingekreuzt werden, die nicht mit Taubheit assoziiert sind. Ein Kandidat hierfür wäre der Weiße Schweizer Schäferhund. All dies geht natürlich nicht, wenn wegen des vorübergehenden gehäuften Auftretens dieses Merkmals die Zucht mit solchen Hunden verboten wird.

Wissenschaftliche Fragwürdigkeit

Die pauschale Einstufung von Haarlosigkeit als Qualzuchtmerkmal ist wissenschaftlich fragwürdig. Es gibt durchaus Säugetierarten, bei denen Haarlosigkeit natürlich vorkommt, ohne dass dies zu Leiden führt. Diese Generalisierung könnte zu ungerechtfertigten Einschränkungen in der Zucht führen und die genetische Vielfalt einiger Haustierarten weiter reduzieren.

Fokus auf Symptome statt Ursachen

Ein weiterer Kritikpunkt zu Absatz §11b (1a) ist, dass der Gesetzentwurf zwar Symptome auflistet, aber nicht die Wichtigkeit betont, statt der Symptome möglichst die Ursachen züchterisch anzugehen. Am Beispiel der Brachycephalie (Kurzköpfigkeit) beim Hund wird dies deutlich:

Während die Atemnot das Symptom ist, ist ein kurzer Fang ein Merkmal, das mit Atemproblemen korreliert sein kann. Die eigentlichen Ursachen sind jedoch oft verengte Nasenlöcher, zu lange weiche Gaumen, oder zu große Gaumenmandeln. Wird nur die Atemnot züchterisch bearbeitet, ist zu befürchten, dass die Hunde einen längeren Fang bekommen der sie für ihre Besitzer unattraktiv macht, was zu einem Zusammenbruch der Population führen könnte. Mit einem geeigneten Zuchtprogramm könnte solch eine Fehlentwicklung verhindert werden.

Fragwürdige Grammatik

Der §11b (1a) an sich dürfte keinen direkten Einfluss auf den Anwendungsbereich des Tierschutzgesetzes haben. Seine praktische Relevanz erhält er erst in Kombination mit §11b (1b), der besagt:

„Ein Wirbeltier darf nur zur Zucht verwendet werden, wenn nach züchterischen Erkenntnissen […] keine erblich bedingten, mit Schmerzen, Leiden oder Schäden verbundenen Störungen oder Veränderungen nach Absatz 1 Nummer 1 oder 2, auch in Verbindung mit Absatz 1a, bei dem Tier selbst vorliegen. […]“

Die Formulierung von §11b (1b) ist so gestaltet, dass es unklar bleibt, inwiefern die Liste der Symptome einen Einfluss auf den Anwendungsbereich des Tierschutzgesetzes hat. Eine mögliche Interpretation wäre, dass die in §11b (1a) aufgelisteten Symptome, welche regelmäßig vorliegen können, wenn ein Körperteil für den artgemäßen Gebrauch ungeeignet ist, Schmerzen, Leiden oder Schäden hervorrufen können und dass in diesem Fall das Tier von der Zucht auszuschließen ist. Die beabsichtigte Aussage des Satzes ist jedoch nicht eindeutig erkennbar, was zu Missverständnissen in der Anwendung führen könnte.

Verbot der Zurschaustellung

Besonders kritisch zu sehen sind auch die geplanten Verbote:

  1. Der physischen Zurschaustellung von Tieren mit möglichen Qualzuchtmerkmalen (§11b (3a) 1)
  2. Der unkommentierten bildlichen Darstellung solcher Tiere (§11b (3a) 2)
  3. Des Angebots dieser Tiere auf Online-Plattformen zum Verkauf (§11d(3))

Diese Regelungen könnten schwerwiegende Folgen haben:

Einschränkung der Informationsfreiheit

Der Paragraph §11b (3a) soll es verbieten, Tiere zur Schau zu stellen, die Qualzuchtmerkmale aufweisen. Unter dem Begriff „zur Schau stellen“ versteht der Gesetzgeber, die Tiere einem Publikum zu zeigen. Der Begriff ist so gefasst, dass Präsentationen der Tiere auf Tierschauen und in Zoos eingeschlossen sind. Es bleibt allerdings unklar, was genau unter einem „Publikum“ verstanden wird.

Der Absatz verfolgt primär das Ziel, der Öffentlichkeit Informationen vorzuenthalten. Ein Gesetz, das der Öffentlichkeit Informationen vorenthält, muss sich immer im Rahmen der bestehenden Rechtsordnung bewegen. In Deutschland ist dies insbesondere durch Art. 5 GG (Meinungs- und Informationsfreiheit) und das Informationsfreiheitsgesetz geregelt.

Einschränkungen der Informationsfreiheit müssen durch allgemeine Gesetze gerechtfertigt sein, und diese müssen im Einzelfall verhältnismäßig sein. Informationsbeschränkungen sind in Ausnahmefällen, z.B. zum Schutz der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, des Datenschutzes oder des geistigen Eigentums, zulässig. Es ist fraglich, ob das Kriterium der Verhältnismäßigkeit in diesem Fall gegeben ist, da der tiefere Sinn dieses Abschnittes kaum zu erkennen ist.

Behinderung von Zuchtprogrammen

Für eine effektive Zucht ist es wichtig, dass Züchter einen Überblick über die Nachkommen der Zuchttiere haben, damit sie Zuchttiere, deren Nachkommen regelmäßig qualzuchtrelevante Merkmale aufweisen, von der Zucht ausschließen können. Das Verbot der Zurschaustellung erschwert:

  1. Den Informationsaustausch über betroffene Tiere
  2. Das Sammeln von Daten für Zuchtwertschätzungen

Für Zuchtwertschätzungen werden Daten einer repräsentativen Stichprobe von Nachkommen benötigt, also auch solcher, die qualzuchtrelevante Merkmale aufweisen.

Das Verbot, Hunde mit Qualzuchtmerkmalen auf Online-Plattformen anzubieten, ist kontraproduktiv, da es den Züchtern erschwert, geeignete Halter für solche Tiere zu finden. Als verantwortungsvoller Züchter muss man Tiere mit Qualzuchtmerkmalen, die hin und wieder anfallen können, verkaufen und mit den gesunden Tieren weiter züchten. Eine Online-Plattform ist ideal, um Leute zu finden, die bereit sind, sich dieser Tiere anzunehmen, die in der Regel auch günstiger verkauft werden.

Diese Absätze behindern somit Bemühungen zur Verbesserung der Rassegesundheit.

Unbeabsichtigte Konsequenzen

Die Regelung könnte zu absurden Situationen führen, wie etwa dem Verbot der Präsentation bestimmter Zootiere (z.B. haarlose Säugetiere wie Elefanten). Dies würde nicht nur die Bildungs- und Forschungsarbeit von Zoos behindern, sondern auch das öffentliche Verständnis für die natürliche Vielfalt der Tierwelt einschränken.

Unfruchtbarmachung

Der Paragraph § 11b (2) erlaubt es einer Behörde, das Unfruchtbarmachen von Hunden anzuordnen, wenn diese Qualzuchtmerkmale aufweisen. Hunde, die ohnehin unter Qualzuchtmerkmalen leiden, sollen also auf behördliche Anordnung auch noch verstümmelt werden. Das Unfruchtbarmachen ist ein wesentlich schwerwiegenderer Eingriff als beispielsweise das Kopieren von Schwänzen oder Ohren, da in den Geschlechtsorganen Hormone produziert werden, die für die Entwicklung eines normalen Verhaltens bedeutsam sind. Es ist die Aufgabe eines Tierschutzgesetzes, das Wohl der Tiere zu schützen. Dies gilt umso mehr, als der Tierschutz seit dem Jahr 2002 im Grundgesetz verankert ist.

Ermächtigung des Bundesministeriums

Besorgniserregend ist auch die in §11b (4) vorgesehene Ermächtigung des Bundesministeriums.

Ausrottung von Rassen

Der Ermächtigungsparagraph §11b (4) 2 erlaubt es dem Bundesministerium bei Zustimmung des Bundesrates nicht nur indirekt, durch nicht erfüllbare Auflagen, ganze Rassen in Deutschland auszurotten, sondern es kann dies hiermit auch per Rechtsverordnung explizit anordnen. Dies könnte zur Ausrottung jahrtausendealter Rassen führen und dürfte im Widerspruch zu internationalen Abkommen zum Schutz der biologischen Vielfalt stehen, wie dem Übereinkommen über die biologische Vielfalt (CBD) von 1992.

Die mögliche Ausrottung ganzer Rassen hätte weitreichende Konsequenzen:

  1. Zerstörung kulturhistorisch wertvollen Erbes
  2. Reduzierung der genetischen Vielfalt im Haustierbereich

Dies könnte langfristig negative Auswirkungen auf die Anpassungsfähigkeit und Gesundheit von Haustieren haben. Die betroffenen Rassen, die häufig tausende Jahre alt und wenig mit der Mehrheit der Rassen verwandt sind, könnten beispielsweise wertvolle Resistenzgene tragen, die heute noch nicht bekannt sind.

Fachliche Kompetenz

Der Paragraph §11b (4) 2 erlaubt es dem Bundesministerium bei Zustimmung des Bundesrates, erbliche Merkmale per Verordnung näher zu bestimmen, die es erwarten lassen, dass Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten und somit betroffene Tiere von der Zucht auszuschließen. Das Problem hierbei ist, dass das Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung möglicherweise nicht über die spezifische Expertise verfügt, solche Merkmale bei Rassehunden zu bestimmen.

Es wäre ratsam, ein Gremium aus Tierzuchtwissenschaftlern, Genetikern und Tierärzten einzuberufen, um solche Entscheidungen auf einer fundierten wissenschaftlichen Basis zu treffen.

Fehlende Änderungen

Während der Gesetzentwurf viele wichtige Aspekte des Tierschutzes adressiert, gibt es einige Bereiche, die noch nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Diese Lücken könnten die Effektivität des Gesetzes beeinträchtigen und sollten bei der weiteren Überarbeitung in Betracht gezogen werden.

  1. Es fehlt eine Pflicht zur Registrierung von Haustieren wie Katzen und Hunden und die Regelung der Weitergabe der Kontaktdaten der Besitzer an die Zuchtorganisationen. Eine Pflicht zur Registrierung wäre wichtig um Daten für Zuchtwertschätzungen an unverfälschten Stichproben von Tieren erheben zu können und um gesundheitliche Probleme in Zuchtlinien frühzeitig erkennen zu können.
  2. Es fehlt eine Verpflichtung für Hunde- und Katzenzüchter, Mitglied in einem anerkannten Zuchtverband zu sein. Die Züchter haben häufig keinen finanziellen Vorteil davon, Mitglied in einem Zuchtverband zu sein, weshalb es notwendig ist, sie dazu zu verpflichten.
  3. Es fehlt eine Erwähnung, dass die Nachteile, die ein Hund durch die züchterische Umgestaltung seiner Merkmale hat, abgewogen werden müssen mit den Vorteilen, die er hierdurch erhält.
  4. Es fehlt eine Differenzierung zwischen Merkmalen, die für die Halter irrelevant sind, und solchen, die die Nachfrage nach einer Rasse und ihre Existenz überhaupt erst ermöglichen.

Die Punkte 3 und 4 werden in diesem Artikel ausführlich diskutiert.

Fazit: Nachbesserungen dringend erforderlich

Die geplante Novellierung des Tierschutzgesetzes zeigt durchaus positive Ansätze, wie die Möglichkeit zur Entwicklung von Zuchtkonzepten für betroffene Rassen. Allerdings bedarf der Gesetzentwurf dringend der Überarbeitung, um unbeabsichtigte negative Konsequenzen zu vermeiden und eine ausgewogene, praktikable Lösung zu finden.

Es ist wichtig, dass der Tierschutz verbessert wird, ohne dabei die genetische Vielfalt zu gefährden oder die Informationsfreiheit unverhältnismäßig einzuschränken. Dafür sind folgende Schritte notwendig:

Definition von Qualzucht: Die Definition der Qualzucht in §11b (1) sollte überarbeitet werden und den Fokus auf das Wohlergehen der Tiere in ihrer jeweiligen Umwelt legen.

Fokus auf Ursachen: Das Gesetz sollte die Wichtigkeit hervorheben, die Ursachen von Gesundheitsproblemen durch Zuchtprogramme zu adressieren und nicht nur die Symptome.

Überarbeitung der Zurschaustellungsverbote: Die Regelungen zur Zurschaustellung müssen überarbeitet werden, um den Informationsaustausch in der Zucht nicht zu behindern und die Informationsfreiheit zu wahren.

Schutz der genetischen Vielfalt: Es müssen Mechanismen eingeführt werden, die verhindern, dass ganze Rassen ausgerottet werden können.

Förderung verantwortungsvoller Zucht: Die Einführung einer Pflicht zur Mitgliedschaft in Zuchtverbänden und zur Registrierung von Haustieren könnte die Qualität der Zuchtprogramme verbessern und die Datenerhebung für Zuchtwertschätzungen erleichtern.

Wertschätzung neuer Adaptionen: Bei der Beurteilung von Zuchtmerkmalen sollte eine Abwägung erfolgen zwischen möglichen gesundheitlichen Nachteilen und den Vorteilen, die den Tieren in ihrer jeweiligen Umwelt durch die Umgestaltung ihrer Merkmale entstehen.

Berücksichtigung von Besitzerinteressen: Um den Zusammenbruch einer Zuchtpopulation während eines Umzüchtungsprozesses zu vermeiden, müssen die Interessen der Besitzer berücksichtigt werden.

Einbeziehung von Experten: Tierzuchtwissenschaftler, Genetiker und Tierärzte sollten in den Gesetzgebungsprozess einbezogen werden, um ein ausgewogenes und praktikables Gesetz zu schaffen.

Nur durch eine sorgfältige Überarbeitung unter Berücksichtigung aller Aspekte kann ein Tierschutzgesetz geschaffen werden, das sowohl dem Tierwohl als auch den Interessen aller Beteiligten gerecht wird. Es muss ein Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Tiere vor Qualzucht und dem Erhalt wertvoller genetischer Vielfalt gefunden werden. Gleichzeitig muss das Gesetz praktikabel sein und darf weder die Zuchtarbeit noch die Informationsfreiheit unverhältnismäßig einschränken.

Eine Novellierung des Tierschutzgesetzes bietet eine wichtige Chance, den Tierschutz in Deutschland zu verbessern. Mit den vorgeschlagenen Nachbesserungen könnte ein Gesetz entstehen, das nicht nur den Schutz der Tiere stärkt, sondern auch die Zukunft der Rassehundezucht in Deutschland nachhaltig und verantwortungsvoll gestaltet. Es liegt nun an den Gesetzgebern, die Bedenken und Vorschläge der Experten und Betroffenen ernst zu nehmen und in einen konstruktiven Dialog zu treten, um ein ausgewogenes und zukunftsfähiges Tierschutzgesetz zu schaffen.

Petition: Anpassung des Tierschutzgesetzes dringend erforderlich!

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